Leben

Führung beim Ferkelerzeuger

Ich hatte die Gelegenheit, eine Führung bei einem konventionellen Ferkelerzeuger mitzumachen.

Das ganz ist fast ein Jahr her, ich hoffe ich bekomme die wichtigsten Details noch korrekt hin. Ich hab lange überlegt, ob ich überhaupt darüber schreibe. Mein Eindruck betrifft nur diesen einen Betrieb, wieviel schlimmer oder besser es in anderen zugeht, kann ich nicht beurteilen. Ich war in einem eher kleinen Betrieb, weit entfernt von Massentierhaltung (die bei Zuchtschweinen bei 750 Sauen beginnt).

so schauts aus

Die Sauen: leben im Laufstall in Gruppen auf Spaltenboden. Der Stall war relativ dunkel, aber luftig. Der Zustand war vermutlich mittelmäßig – ich hatte ja keine Vergleiche. Die meisten Sauen hatten ziemlich viel Narben von Rangeleien.

Weitere Gruppen standen in Ständen, wo sie besamt werden. Diese sind grade so breit, dass die Tiere sich hinlegen können. Umdrehen ist nicht drin. Kontakt zu anderen Schweinen auch nicht.

Nach Besamung und erfolgreicher Trächtigkeit sind die Sauen noch mal bis zur Geburt im Laufstall in Gruppenhaltung.

Zum Schluss kommen sie in die Abferkelbucht, die eigentlich ein „Ferkelschutzkäfig“ ist, denn er ist so eng, dass die Sauen sich zwar von einer auf die andere Seite drehen können, mehr aber auch nicht. Die Ferkel haben etwas mehr Platz außenrum. Es stehen für sie noch an: Kupieren, Zähne anschleifen, Kastrieren. Nach den ersten paar Wochen kommen die Kleinen in separate Ferkelgruppenboxen, bis sie ein bestimmtes Gewicht erreicht haben, und zu einem Mastbetrieb gebracht werden.

Die Sauen bekommen eine Regenerationsphase im Laufstall, bis sie zur nächsten Besamungsrunde wieder im Besamungsstand landen.

Die Runde durch die Ställe absolvierten wir selbstverständlich in Schutzanzügen und Gummistiefeln, danach wurde ….

….erst mal gegrillt.

Der Landwirt war für alle Fragen offen und hat auf alles sachlich geantwortet.

Mein Fazit? Sehr zwiespältig…

Ich lebe hier in der Nähe von Europas größtem Schlachbetrieb – Tönnies.

Ja, ein Landwirt versorgt seine Tiere ordentlich, denn sie sind sein Kapital, und er hat viele Ausgaben, muss Personal und seine Familie unterhalten und für seine Rente wirtschaften. Darum ist er bemüht, dass es ihnen (unter den gegebenen Umständen) so gut wie möglich geht. Er bekommt inakzeptabel wenig Geld pro kg Ferkel, das er verkauft. Da das so wenig ist, muss er auf Masse produzieren, um überhaupt über die Runden zu kommen. Das ist der erste Fehler im System. Es muss mehr Geld am Ende (beim Landwirt) ankommen, damit er gut davon Leben kann ohne diese Massen zu züchten.

Jetzt kommt der Tierschutz und ruft völlig zu Recht nach besseren Haltungsbedingungen, zB eine Vergrößerung der Laufställe, Freilaufflächen, ein Verbot der Kastenstände und Vergrößerung der Besamungsstände. Dann guck ich mir den besichtigten Betrieb an und sehe: das geht so nicht.

Vergrößert der Landwirt zB die Besamungsboxen, bekommt er nur noch die Hälfte unter. Halb so viele Ferkel – dann geht er pleite. Er muss also den bestehenden Stall vergrößern, oder einen neuen bauen. Eventuell muss er dafür noch mehr Land kaufen, weil er den Platz nicht hat. Alles teuer – aber gar nicht unbedingt das Hauptproblem. Das sind nämlich die Genehmigungen. So ein Tierbetrieb erzeugt nicht wenig Geruchsemissionen. Wenn die Schweine dann Auslauf bekommen, steht der Stall offen und die Emissionen erhöhen sich sprunghaft. Selbst wenn die Grenzwerte dafür angepasst würden, sind da noch überall Nachbarn, die das stört. Wenn man (aus)baut oder erweitert, wird das alles neu geprüft, und es gibt viele Gelegenheiten, Einspruch einzulegen.

Die Politik hat durch die entsprechende Gesetzgebung die Landwirte jahrelang auf Masse getrimmt. Es funktioniert nicht, das ganze System von jetzt auf gleich auf 100% Tierwohl umzustellen. Es sollte aber das Ziel sein, das langfristig anzustreben und zu erreichen. Und wenn es durch 100% Biobetriebe von weniger Landwirten geschieht. Hier höre ich die Veganer: „ein Tier, das geschlachtet wird, kann nie 100% Tierwohl erreichen, denn es will schließlich nicht geschlachtet werden“. Das ist zweifellos richtig. Ich rede vom Zeitpunkt bis zur Schlachtung, inkl. des Schlachtverfahrens.

Gleichzeitig müssen Lebendtransporte auf einen Minimalradius beschränkt werden, und Durchfahrten durch Deutschland mit lebenden Tieren muss komplett verboten werden. Das ganze „Produktionssystem“ muss verändert werden.

Wie? Nun da gibt es klügere Köpfe, die sich darüber Gedanken machen.

und ich?

Ich für meinen Teil esse inzwischen deutlich weniger Fleisch als früher und versuche das noch weiter zu reduzieren. Und ich kaufe möglichst vollständig Bio. Vegetarisch leben ist für mich aktuell keine akzeptable Alternative, sondern der Verzicht auf tierische Produkte solcher Haltungssysteme.

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